Ein Elf, eingesperrt in einen schwarzen Stein, ein anderer Elf, der buchstäblich vom Himmel gefallen war – an seltsamen Elfen herrschte kein Mangel in dieser Höhle, und der eine unterhielt sich mit dem anderen. Isdarion, auf der Suche nach einer Möglichkeit, große Heldentaten zu vollbringen, wähnte sich auserwählt, Curanduil aus seinem Stein zu befreien, und wenn dazu gehörte, das Ritual der Endgültigen Versiegelung durchzuführen, diesmal richtig, dann klang das erst recht wie eine große Heldentat.
Da gab es nur ein Problem: Curanduil beschrieb eine große, weitläufige Tempelanlage – aber was die Gefährten hatten, war eine Einraumhöhle. Da half es auch nichts, dass Cyne die Umgebung nach verborgenen Türen absuchte: Alles, was er fand, waren Felswände. Und als ob das noch nicht ausreichte, verlangten Curanduil und das Ritual nach mehreren Priestern der Gottheit Corellon Larethian – nur war der lang in Vergessenheit geraten und wurde noch nicht einmal von den langlebigen Elfen wirklich verehrt. Was die Frage aufwarf, wie lang es her sein musste, dass dieses Ritual fehlgeschlagen war und der Tempel untergegangen …
Was sie brauchten, war ein Archiv, eine Bibliothek, etwas, das Antworten auf lang zurückreichende Fragen bieten konnte. Isdarion meinte, auf seiner Insel gäbe es bestimmt noch Aufzeichnungen über die Geschichte der Elfen in allen Teilen der Welt, und in nur gut einhundert Jahren würde er dorthin auch schon wieder zurückkehren – aber so lange wollte nicht einmal Curanduil noch warten. Auch die Verständigung stellte sich als Problem heraus: So sprach Garald kein Elfisch, während Curanduil das mittlerweile etablierte Gemeinsprech nicht beherrschte, so dass immer jemand Dolmetschen musste.
Immerhin hatte Curanduil eine Idee, wie die bestimmt magisch entstandenen Steinwände aus dem Weg geräumt werden konnten: Mit einem Gebet. Klingt einfach, war es aber nicht, denn dafür fehlten dem Akoluten sowohl sein Körper als auch sein heiliges Symbol, und ohne wird der nichts mit dem Beten. Cyne machte sich prompt auf die Suche, als ob es einen Winkel der Höhle gäbe, den er noch nicht abgesucht hatte, und natürlich fand er nichts.
Und was war mit dem benötigten »Wasser der Reinheit«? Zwar waren das Bassin und der Stein, auf dem es stand, magisch – aber das Wasser darin völlig verschleimt und definitiv nicht rein. Isdarion versuchte, das Wasser wieder zum Fließen zu bringen, aber der Zu- oder Abfluss, den er ertasten konnte, war völlig verschleimt. Irindil ging hinaus, um draußen einen zum Herumstochern geeigneten Ast zu finden, bevor jemand auf die Idee kam, ihren Kampfstab dafür zu benutzen.
Weiter ging das große Herumprobiere. Cyne suchte die Statuen ab, ob vielleicht eine von denen ein Heiliges Symbol zum Abnehmen trug, aber alles war aus Stein. Isdarion versuchte, mit dem von Irindil gefundenen Ast den Zufluss zu öffnen, stochert aber weiterhin im Trüben. Mit ihrer Druidenmagie füllte Irindil das Bassin so lange mit Wasser, bis der eklige Schleim weggespült war, aber auch davon begann der Quell noch nicht wieder zu sprudeln. Aber he, sie hatten es immerhin versucht!
Und was hatte es überhaupt mit dem Portal auf sich, das da per Ritual versiegelt werden sollte? Isdarion vermutete ein außerweltliches Portal, durch das Dämonen und andere Feinde in die Welt eindringen konnten – etwas, womit seine Goldene Insel offenbar schon länger Probleme hatte – aber nein, es ging nur um die buchstäbliche Unterwelt, ein tiefer gelegenes Höhlensystem unter der Erde, in dem Goblins und Drow hausten. Zu sagen, dass Isdarion ein bisschen enttäuscht auf diese Eröffnung reagierte, ist wohl noch untertrieben, aber auch mit Heldentaten muss man ja irgendwo erst mal anfangen. Vom damaligen Haupttempel des Corellon Larethian aus sollten diese Zugänge versiegelt werden, nur ist der Tempel in der Zwischenzeit irgendwie im Inneren eines Berges gelandet.
Also doch alles keine ganz kleine Aufgabe. Die Gefährten beschlossen, eines nach dem anderen anzugehen, und erst einmal zum Holzfällerlager zurückzukehren, und dann, wo es um die Felswände in der Höhle ging, den Zwergenclan Steinhauer zu Hilfe zu rufen. Aber vorher hängten sie noch das Ewige Licht am Tempeleingang ab, damit es die Holzfäller nicht mehr belästigen konnte.
Im Holzfällerlager wurden sie freudig begrüßt: Der Spuk hatte ein Ende gefunden. Natürlich, das konnte auch daran liegen, dass die Nacht vorüber war, und so warteten die Gefährten noch einen Tag, ob das Geheul in der folgenden Nacht wiederkommen sollte, aber nein, alles blieb ruhig. Der Spuk schien wirklich gebannt zu sein. Ob das etwas mit dem schwarzen Stein zu tun hatte, den Isdarion in seiner Tasche herumtrug? Daran gab es jetzt wohl keinen Zweifel mehr.
Die Holzfäller bedankten sich für die Unterstützung, und die Gefährten machten sich auf den Weg zurück nach Tumunzir. Dort wollten sie Rapport erstatten – aber vorher mussten sie erst einmal erklären, wie es sein konnte, dass sie zu dritt losgezogen und zu viert wieder zurückgekommen waren. Und so wurde Isdarion erst einmal Narga Bierfreund vorgestellt. Der zeigte sich sehr interessiert an Isdarions eindrucksvoller Waffe, die je nach Lichteinfall in allen Farben des Regenbogens schillerte (nur gucken, nicht anfassen!) und wollte angesichts der Tatsache, dass der Elf seine Heimatinsel als die »Goldene« bezeichnete, am liebsten gleich eine Expedition von Prospektoren losschicken.
Nach einigem Geplänkel über Isdarion und seine Absicht, Heldentaten zu vollbringen, um die alten Bündnisse zwischen seinen Leuten und den anderen Völkern am Laufen zu halten, kam das Gespräch endlich auf das Abenteuer in der Höhle und die Pläne, das elfische Heiligtum wiederherzustellen. Narga war einigermaßen verblüfft, zu hören, dass sich der vermeintliche Spuk als Stein mit einem Elfen drin herausgestellt hatte, und noch verblüffter war er, diesen sprechenden Stein dann mit eigenen Augen zu sehen. Er schlug vor, das Ritual in Ermangelung von Corellon-Anhängern mit zwergischen Torak-Klerikern abzuhalten, aber zumindest war er der Idee nicht ganz abgeneigt.
Außerdem bat er darum, dass die Gefährten, wo sie schon mal dabei waren, die Umgebung weiter aufklären sollten. Wenn es da in unmittelbarer Nähe von Tumunzir elfische Ruinen gab, von denen die Zwerge bis dato nichts geahnt hatten, hieß das, dass es schon einige Rückstände bei der Erkundung des Umlands gegeben hatte – Zeit, dieses Defizit wieder abzubauen. Feinde, denen die Gruppe dabei begegnete, sollten gleich postwendend bezwungen werden, potenzielle Freunde befreundet – all das auf der Suche nach dem legendären Donnerberg, von dem Curanduil gesprochen hatte und von dem man annehmen musste, dass der längst einen ganz anderen Namen hatte.
Ach, und wenn sie ohnehin nochmal loszogen – konnten sie dann vielleicht auch noch eine verlorene Desna-Klerikerin wiederfinden? Die war auf dem Weg zu einem Bautrupp abhandengekommen, und natürlich versprachen die Gefährten, sich das einmal anzuschauen. Informationen dazu sollten sie im örtlichen Torak-Tempel bekommen und dort auch ein paar Akoluten losschicken, die sich einmal das Heiligtum aus der Nähe ansehen sollten – aber vorher gab es noch etwas viel wichtigeres zu erledigen: Es war an der Zeit zum Mittagessen.